Sonntag, 26. November 2006

die falsche wahrheit

dumm gelaufen...

beweisstück A:
kommentar
(quelle: orf.at)

beweisstück B:
'Manchem echten Österreicher mögen nur einige überdrehte Stellen verraten haben, dass Walter Wippersberg mit ›Die Wahrheit über Österreich‹ eine köstliche Satire gelungen ist – und mancher ist vielleicht drauf reingefallen!
DIE FURCHE'

(quelle)

das dilemma des journalistischen arbeitens im klingelton-subventionierten musikfernsehen

das wörtchen 'klingelton' im titel ist natürlich fragwürdig gewählt. einerseits ist es für die gebildete mittelschicht die literarische form des blinkenden neonlichts - 'ach, jö, schau, da schimpft wer über mtviva' - andererseits ist es eben nur ein halbwegs klar definierter synonym für mtviva. in wirklichkeit gehts ja um das feel-good-tv, in dem alles herrilch, cool, oder wenn schon traurig dann aber doch mit positiver tendenz und überhaupt, die stars setzen sich eh schon dagegen ein, wie etwa, aber auch, nicht wahr? eben genau dieses niveau der reportage/dokumentation. das lässt sich natürlich so gut wie überall finden (blitz, exklusiv, explosiv, etc), aber rtl leistet sich mit vox immerhin ein ausgleichsprogramm. und schon hab ich mich verlaufen. es geht also um die art und weise, wie mtv vermeintliche reportagen/dokumentationen gestaltet.

man zehrt noch gerne vom rebellischen image früherer tage. vom trendsetten auch in unangenehmen bereichen. doch das schwelgen im hochglanz der späten neunziger und vor allem der jahre nach der jahrtausendwende hat spuren hinterlassen. wenn etwas nicht hip ist, muss es kultig sein. wenn etwas nicht populär ist, muss es total underground/alternative sein. das ganze wurde solange durchexerziert, bis die begriffe dieser klauseln vollkommen austauschbar waren. neben klingeltönen verkauft man inzwischen auch ein lebensgefühl, durchtränkt von leichtigkeit und sorglosigkeit. schwierige themen werden so billig und schwarz/weiß wie möglich aufbereitet - man nehme nur die reihe zu illegaler prostitution als beispiel. das mtv masters über placebo, welches sich dieses wochenende begutachten lässt, ist ein paradebeispiel für die umwertung von emotionen zu gütern. da ist es egal, wenn die band im beitrag selbst sagt, dass ihnen 'eiskalte engel' als film ziemlich egal war, hauptsache die leute hören ihre musik. wichtiges thema ist der film. 'ur traurig, nicht wahr?'. dann gibts einen nur mit viel mut nicht als dümmlich zu bezeichnender zusammenschnitt von den bandmitgliedern beim lachen - 'aber schauts, die placebos sind auch lustig und können lachen'. ah, ja, sind auch menschen, das hätte ich mir vorher nicht gedacht. obwohl, doch, in dem moment als mir brian molko vor jahren mit 'black eyed' in diesem moment unvermittelt aus der seele sprach. und gemeinsam mit steve hewitt und stefan olsdal den hypnotisierenden soundtrack dazu schuf. aus irgendeinem grund kamen sie mir in dem moment menschlicher vor, als es der durchleuchtetste popstar wohl jemals können wird.

es ist eine eigene art von armutszeugnis, wenn die bandeigene rammstein-dokumentation innerhalb einer stunde mehr schwierige fragen beantwortet, als das gesamte mtv-programm in einem monat (optimistische schätzung). da wird das thema 'öffentliche rezeption' vs 'privater persönlichkeit' pötzlich ohne glanz und glamour behandelt und sinnvoll beantwortet. vielleicht ist das auch der schlüssel zum mtv-dilemma. wenn man sich willfährig dem duktus der authentizität/credibility eines jeden mainstream-produkts unterwirft, kann man nicht plötzlich einfach so von 'erwartungshaltungen, die das publikum halt hat' sprechen. von 'touren als arbeit'. da fehlt der glanz und das licht. natürlich muss man immer wiederholen, dass das alles harte arbeit ist. aber eben auch spaß macht. und dass kurt cobain als ursprung des auflebens einer 'star werden ist die lösung'-mythologie herhalten muss, könnte man an diverse lexika getrost als definition von ironie verkaufen.

leider war ich diese woche nicht in der verfassung, die entsprechende berichterstattung über den letzten deutschen amoklauf an einer schule umfassend zu verfolgen. was mir aufgefallen ist, war die verwendung des begriffs 'jock' im abschiedsbrief. 'jock' als solches ist ein aus amerika stammender begriff, der die beliebte sportler-fraktion unter den schülern bezeichnet (so abwertend wie möglich, meist dümmlichkeit unterstellend). dass dieser begriff (wenn auch zwangsweise in umgedeuteter form) nun hier einzug hält, ist ein weiterer beleg für die gesellschaftliche verschiebung richtung amerikanischer verhältnisse. diesen trend kann man auch wunderbar an mtv deutschland ablesen, das in sachen amerikanisierung allen anderen sendern weit voraus ist. und es ist umso tragischer, wenn man bedenkt, wieviele bands, die hierzulande hoch geschätzt werden, ihre energie daraus schöpfen, dieses zermürbende system überlebt zu haben. und wieviele bands, oder besser personen, daran zugrunde gegangen sind.

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