wenn wir das ende nicht ertragen, lesen wir das buch nochmal

manche geschichten sind schrecklich. die moral ist nicht die erwartete. oder die entwicklung hätte lieber ganz anders aussehen sollen. vielleicht ist das ende auch das genaue gegenteil von dem, was man sich gewünscht hat. man hat gefiebert, aber die grippe ist erst recht ausgebrochen. das ist dann irgendwie unfair. wir wünschen uns doch alle ein happy end. dass uns jemand den kopf streichelt und sagt 'auch wenn dir das wasser bis zum hals steht, irgendwie kannst du da rauskommen'. das andere ist eben unangenehm.

mit 16 durchlief ich die klassische wohlstandspunk und freizeit kommunisten phase. irgendwie gelangt man vom punk immer sehr leicht zu linken ideen. man beginnt eigene vorstellungen der geschichte zu entwickeln, die auch nicht sehr viel besser sind, als 'der nationalsozialismus hatte auch gute seiten'. irgendwo zwischen halbbildung und verklärter marx-romantik entsteht trotzdem ein kommunistisches ideal. auch weil es keine einfachere antwort auf kapitalismus zu geben scheint. mit dieser grundlage also legte ich mir voller vorfreude 1984 von george orwell zu. denn überwachungsstaat, das kommt ja gleich nach dem großen, bösen k. bis zur hälfte lief alles gut. zum ende hin wurde es irgendwie schwieriger. die letzten seiten waren fast eine qual. nach jedem absatz legte ich eine pause ein, um die gedanken zu ordnen. das ganze nochmal durchzudenken. nach der letzten seite waren sämtliche kurzbiographien gefragt, die ich zu orwell finden konnte. russische geschichte. viel nachdenken. und am ende ein angenehm verändertes bewusstsein für geschichte, politische systeme und ideologien.

die wirkliche genialität der zeile 'wenn wir das ende nicht ertragen, lesen wir das buch nochmal' liegt in ihrer dualität. natürlich drückt sie in erster linie das bedürfnis aus, die geschichte zu verändern. sie irgendwie zu einem glücklichen ende hinzubiegen. mit kunstgriffen das ganze umdeuten, bis es doch irgendwie schön ist. andererseits sagt sie aber auch: wenn du es nicht ertragen kannst, lies es nochmal. und nochmal. bis du verstehst, warum du es nicht erträgst. was dich daran so stört. was das für dich bedeutet. und wie du damit umgehst. nicht, damit das unerträgliche irgendwann so alltäglich ist, dass man es einfach hinnehmen kann. man muss sich dessen nur bewusst werden.
tigga (Gast) - 2006/12/27 11:10

schrottgrenze!!!

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