Montag, 9. Juli 2007

es ist besser, vor dem stumpfsinn zu kapitulieren

(um dem logischen ablauf zu folgen, sollte man zuerst den vorherigen eintrag lesen. nur so vorweg. und jetzt bitte nochmal die überschrift lesen. danke.)

das sangen tocotronic 1996 im song 'ich wünschte ich würde mich für tennis interessieren'. seitdem ist viel zeit vergangen, hat sich viel verändert. mit etwas mühe hab ich den text zum vorgänger 'pure vernunft darf niemals siegen' wiedergefunden. interessant, das von heute aus zu betrachten. das ganze liest sich wie eine einzige verteidigung eines (immer noch) großartigen albums gegen alle stimmen von außen. ein gefühl, dass ich mit 'kapitulation' in keinster weise nachempfinden kann.

ich weiß nicht mehr, wann mich das letzte album von anfang an so sehr fasziniert hat (abgesehen vom wunder namens blood brothers). 'mein ruin' ist vehement und unerbittlich, eine offensive eröffnung die gefangene macht. wer immer sich dem in den weg stellt, wird nicht mehr entkommen. 'harmonie ist eine strategie' ist drückend und unerbittlich, eine resignative erlösung die umschließt.

tocotronic zitieren sich hier musikalisch immer wieder selbst. soll heißen, ohne die bisherigen alben wäre dieses ohne umschweife beste der bandgeschichte nicht entstanden. in 'sag alles ab' gemahnt man gar an die frühen blumfeld (etwa 'jet set'), nicht ohne zwischendurch deutlich zu machen, dass hier immer noch tocotronic am werk sind.

'kapitulation' schafft das kunststück, schon beim ersten hineinhören auf ein durchhören zu drängen. die musik variiert, spielt sich, versucht sich mal da, mal dort. die dabei allgegenwärtige stimmung nimmt mich dabei an der hand, begleitet mich durch diese welt. mal zerrend, wenn man zu lange verweilen mag, mal zurückhaltend, wenn man nur noch fliehen möchte.

'ich hab geträumt ich würde pizza essen mit mark e smith' war auch so ein songtitel auf 'wir kommen um...'. mark e smith, kopf von 'the fall', einer post-punk band die man erst verstehen muss. ich kann bis heute nicht erklären, was post-punk genau sein soll. aber vielleicht hilft in zukunft dieser ansatz: post-punk ist, wenn es punk ist, ohne punk zu sein. 'kapitulation' ist punk, ohne punk zu sein. es ist tragik, ohne traurigkeit. es ist resignation, ohne depression. es ist kapitulation ohne niederlage.

'mein ruin ist heiligtum / diebstahl und erinnerung / geboren aus unsicherheit / freude und zerbrechlichkeit'

folge dem zeitgeist, töte ihn

zwei alben, beide neu erschienen, beide neu erstanden, beide erwartet. ich beginne mal mit dem, zu dem ich weniger zu sagen habe.

die geschichte der smashing pumpkins "reunion" (die beiden verbliebenen reden da ja ganz realistisch eher von einem neuen kapitel) kann man eigentlich überall nachlesen. wozu also zu viele worte darüber verschwenden? das einzige mit erklärungsbedarf in diesem zusammenhang ist der allgegenwärtige vorwurf 'pff, das sind nicht die pumpkins ohne iha und wretzky'. ja und nein. schon 'siamese dream' entsprang zum großteil der feder von billy corgan. wretzky und iha wechselten kein wort mehr nach der gescheiterten beziehung, chamberlin hatte sich dem heroin verschrieben. laut eigenen angaben spielte er auch den großteil der gitarren- und bass-parts selbst ein. auf der maur meinte zur reunion, dass billy corgan für ein pumpkins-album eigentlich nur chamberlin braucht, und den hat er ja. der oben erwähnte vorwurf hat schon in gewisser weise seine daseinsberechtigung, aber eben hauptsächlich auf der emotionalen ebene.

was als erstes auffällt, ist der druck. 'doomsday clock' baut die 'alte' pumpkin'sche wall of sound ohne umschweife auf, deutlich breiter und bedrohlicher als etwa im großartigen 'bodies' von mellon collie and the infinite sadness. damit komme ich auch schon zum nächsten heiklen punkt des ganzen unterfangens - der vergleich zur vergangenheit. die zwei (meiner meinung nach) besten und wegweisendsten alben sind über 10 jahre alt. nichts wäre trauriger, würden die neuen songs nach der mitte der 90er klingen. nichts wäre enttäuschender, würde das neue material nach dem nächsten corgan-projekt nach den pumpkins klingen. deshalb ist es umso schöner, dass sich der großteil einfach nach smashing pumpkins anfühlt. das diffuse gefühl von verlorenheit, von trotzigem phlegmatismus und innerlichem aufschreien ist wieder da.

dass es trotzdem ein corgan-album ist, wird erst gar nicht verleugnet. geschrieben von ihm, aufgenommen von chamberlin (drums) und ihm (all the rest, says the booklet). auch in der produktion wollte man den großteil selbst übernehmen. die verantwortung für die manchmal wirklich gräßlich-kitschig klingenden metal-soli-gitarren will der fanboy in mir deutlich in richtung dann-doch-producer terry date abschieben, aber wem will ich etwas vormachen: kontroll-mensch corgan entschied sich sicher bewusst dafür.

und es muss recht sein. weil ihm wohl die wenigsten das zugetraut haben, was er großspurig (als ob es anders ginge) in einer zeitungs-anzeige verkündete: 'i want my band back, and my songs, and my dreams'. genau das hat er, genau das haben wir. das album ist gut, überraschend gut. mit allem was zu einem vollständigen smashing pumpkins album gehört. es gibt derzeit auch nur einen grund, warum ich micht (vorerst) nicht vollkommen verliebe. nämlich das andere erstandene album.

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