susanne osthoff

der fall von susanne osthoff war lange zeit wie jeder andere. im irak entführt, eine ganze nation bangt um ihr leben, die regierung bemüht sich um die freilassung, schließlich gibts ein happy end und sie kommt frei. inzwischen ein bekanntes szenario. allerdings scheint sich frau osthoff jetzt nicht an die regeln zu halten - sie will zurück in den irak und ihre arbeit fortsetzen.

diese äußerungen im arabischen fernsehen sorgen jetzt für empörung. an der spitze der entrüstung steht jedoch keineswegs die bild-zeitung alleine, vor allem politiker schockieren sich (medienwirksam) über diesen 'wahnsinn'. 'wer soll bei der nächsten entführung bezahlen?' wird gefragt, von 'unverantwortlichkeit' ist die rede. warum aber stellt man sich diese fragen überhaupt, oder warum erst jetzt?

ein aufenthalt im irak ist nicht erst seit kurzer zeit gefährlich. die anwesenheit von diversen organisationen ist notwendig, da dieses land von grund auf neu strukturiert werden muss (dies beginnt natürlich bei der infrastruktur, schließt kulturelle strukturen jedoch keineswegs aus). diesen leuten ist die gefahr einer entführung (oder des todes im allgemeinen) bewusst, wie auch den regierungen der entsprechenden länder. diese sehen es auch als ihre pflicht an, in not geratenen bürgern ihres landes zu helfen. niemand würde es den geretteten verübeln, würden sie nicht mehr zurückkehren wollen. aber verboten hat man es ihnen ja zuvor schon nicht - warum also danach? gibt es eine regelung, wie oft, in welchen abständen oder wie viel lösegeld pro staatsbürger gezahlt wird? besitzt man ein imaginäres konto, das man durch eine rettung für einige zeit einfach erschöpft?

susanne osthoff war nicht zum vergnügen im irak, und sie war es nicht erst seit ein paar monaten. sie ging einer arbeit nach, für die sie sich lange vorbereitet hat und deren vollendung noch einige zeit in anspruch nehmen wird. es ist einzig und allein ihre entscheidung, ob sie zurückkehrt oder nicht. die forderung nach einem einreiseverbot in den irak ist schlicht lächerlich - entweder wird es deutschen bundesbürgern generell verboten, in den irak zu reisen, oder jeder darf. würde sie einen stellvertreter schicken - worin genau würde sich dessen entführung von ihrer (theoretischen) zweiten unterscheiden?
lsr - 2005/12/28 21:12

My 2 cent

Dass ein Aufenthalt im Irak nicht ungefaehrlich (mit allen von dir erwaehten Konsequenzen) ist - da stimme ich zu. Auch dass der Wiederaufbau von kulturellen Strukturen wichtig ist (wobei bei mir die Infrastruktur doch eine hoehere Prioreaete hat - ohne Wasser gibts nunmal keine Kultur; oder um es populistisch zu bringen: Zuerst das Fressen und dann die Moral) verstehe ich. Was das"Verbot" des Staates betrifft - es existiert sehr wohl eine Reisewarnung fuer das entsprechende Land, insofern raet der Staat seinen Buergern sehr wohl, ein entsprechendes Land nicht zu besuchen. Bezueglich der "diversen Organisationen" moechte ich anmerken, dass Frau Osthoff nach meinem Wissensstand nicht fuer eine "offielle" NGO (wie zB Aerzte ohne Grenzen oder Rotes Kreuz) arbeitet - und ergo auf ihr Risiko. Ich finde es deshalb auch etwas - hm - "bruesk" von Frau Osthoff, eine Intervention und Bemuehungen (auch bzw vor allem finanzieller Natur) als normal vorauszusetzen. Ich verstehe naemlich nicht, warum (entschuldige dass jetzt wieder das plumpe "mein Steuergeld" Argument kommt) der normale Buerger so etwas finanzieren soll. Das Einreiseverbot moechte ich hier nicht diskutieren, aber ich faende es durchaus legtim (wenn auch moralisch diskutabel), wenn eine Regierung fuer jene, die trotz bestehender Reisewarnung aus eigener Faust und nicht fuer eine NGO in ein Land fahren, keine Schritte zu deren Befreiung im Falle einer Geiselnahme unternimmt. Zusammengefasst: Es ist Frau Osthoffs Entscheidung ob sie faehrt oder nicht - genauso wie es eine Entscheidung des Staates Deutschland ist, ob er sie wieder "retten" will - oder nicht. Weil das finde ich schon - einer Kidnapping-Organsiation draengt sich die Idee eines "Osthoff-Bankomaten" ja geradezu auf...

wohlstandskind - 2005/12/28 21:56

natürlich. oder besser gesagt - ich kann dir eigentlich nur zustimmen. was mich an der sache stört: entweder oder. entweder ich hole jeden ohne wenn und aber zurück, oder ich habe klare richtlinien, nach denen ich vorgehe. genau die scheint es aber nicht zu geben.

in gewisser weise ist es auch einfach ein beispiel für den populismus von politik - sicher ist es hart zu sagen 'sorry, kein staatlicher auftrag, hier können wir auf keine lösegeldforderungen eingehen' und nicht sehr breitenwirksam. aber wenn man damit nicht klarkommt, muss man es stattdessen mit leuten wie frau osthoff. ernsthaft zu erwägen, jemanden aus angst um das image (denn darauf läuft es hinaus) in seiner persönlichen freiheit zu beschränken finde ich verwerflich. die einfache aussage 'sie kennt die gefahr, nochmal werden wir keine finanziellen mittel aufbringen' hätte ja auch gereicht.

oder man hätte auch einfach diskutieren können, ob man nicht gewisse richtlinien einführen sollte. das ist alles nicht sehr popularitäts-steigernd (da man letztlich regeln aufstellt, wen man *nicht* rettet), aber letztlich die einzige sinnvolle reaktion.
lsr - 2005/12/28 22:09

Zustimmung

Ich kann mich deinem Reply nur anschlieszen - Angst ums Image bzw erwuenschte konsequente Regelungen (obwohl ich normalerweise lieber eine Regel weniger habe...).

Ich finde es anstrengend (und waehlerbeleidigend) wenn sich Politiker nicht trauen, A oder B zu sagen. Mir ist ein Politiker mit Profil und von mir aus auch unpopulaeren Masznahmen beim A** lieber als ein populistischer beim Gesicht. Nur leider (warum eigentlich? - alleine die Wiederwahl kann es ja nicht sein; und dass alle Waehler inkonsequente Politiker bevorzugen kann ich irgendwie auch nicht glauben ...) sind die wenigsten mutig genug.

Aber ich beginne, in eine Grundsatzbetrachtung ueber die Demokratie im Allgemeinen und der Legislaturperiodenweitsichtigkeit der Politiker im Speziellen abzuschweifen - und das ist nicht gut [da ist mir naemlich das Parkett zu glatt] :-)
sheep (Gast) - 2005/12/29 11:57

Ich glaub ja sowieso, dass Terror, Entführungen und Naturkatastrophen (auch wenn das jetzt nicht zusammenpasst) langsam aber sicher zur Normalität werden. Früher sind nach Terrorakten monatelang die Touristen ausgeblieben (zum Beispiel nach dem Anschlag auf den berühmten Tempel - der Name will mir nur jetzt einfach nicht einfallen - in Ägypten). Heuer war ein Terroranschlag in Ägypten und sehr viele Leute sind nichtmal abgereist. Weil es kann dir ja eh schon überall passieren.
In Österreich wird ja auch gerade überlegt, ob man Leute die fahrlässig handeln, an den "Befreiungsaktionen" bzw. deren Kosten beteiligt. Also wenn sie eine Reisewahrnung missachten oder auf eigene Faust durch die Gegend ziehen. Ich glaub ich halte das für legitim (bin mir aber nicht 100%ig sicher, wie das dann alles ausgelegt wird).

wohlstandskind - 2005/12/29 12:42

sicherlich eine heikle angelegenheit, aber durchaus sinnvoll.

und zur abwechslung gibts auch einen nüchternen (sprich: nicht bild zeitung) als auch nicht zurückhaltenden (sprich: nicht orf.at) artikel darüber in der faz. sehr erhellend, wie ich meine. (vor allem im vergleich zum bild-bericht zum heutigen tag...)
chrismuh - 2005/12/29 14:36

will man denn den deutschen idioten die sich bei uns in den bergen verirren und dann von der bergrettung rausgeholt werden müssen dann skiurlaubverbot aussprechen?

ich persönlich wär dafür, dass man den einsatz zahlen muss
aber dafür reisst mir der herr w. wahrscheinlich gleich den kopf ab
;)

wohlstandskind - 2005/12/29 15:02

UND WEG MIT DEM KOPF! :-P

wenns von vornherein klar ist, meinetwegen. mir geht es ja nicht darum, dass den personen jede verantwortung abgenommen wird, sondern um eine beständige handlungsweise - ist der aufenthalt nachher fahrlässiger als vorher? die gefahr bleibt ja gleich.

also etwa - vor einem aufenthalt in einem land, für das vom aussenministerium eine warnung ausgesprochen wurde, wird beim entsprechenden amt eine erklärung eingereicht (was macht man, warum, etc). dann gibts ein oke (wir sorgen für deine sicherheit) oder eben keins (sorry, auf dich allein gestellt).

zur zeit sieht das einfach sehr nach beliebigkeit aus.
sheep (Gast) - 2005/12/29 15:28

Schiurlaubverbot dann aber bitte auch für alle Engländer, Holländer,...UND ÖSTERREICHER, die in "Bergnot" geraten und rausgeholt werden müssen. Pauschalisierungen find ich nicht gut.
wohlstandskind - 2005/12/29 15:36

zwischen bergnot und "bergnot" ist aber ein unterschied - das kann ja mal passieren, dass es einen mit dem snowboard hinprackt, einem das brettl auf den kopf donnert und man die orientierung verliert ;-)
sheep (Gast) - 2005/12/29 15:41

Ist mir schon klar. Es ging ja dabei auch um Fahrlässigkeit. Zumindest hat das Wort Idioten das für mich implziert. Und ich find es nicht relevant welchen Pass der Idiot hat, der die gesicherten Pisten verlässt, sturzbesoffen Unfälle verursacht oder sich im Suff des Nächtens verirrt und Suchaktionen auslöst. Das wars was ich damit meinte.
wohlstandskind - 2005/12/29 15:44

ich glaub, das deutsch war eh nur platzhalter (neuester trend - russische idioten!).
ansonsten - recht so!
sheep (Gast) - 2005/12/29 16:03

Ja eh. Mir tun halt nur immer die Deutschen leid, die nicht so sind und mit allen anderen in einen Topf geworfen werden. Ist so seit ich während der originellen EU Sanktionen gegen Österreich in Deutschland weilte und bemerkt hab wie scheiße es ist, wenn man unschuldig im Topf schwimmt.
chrismuh - 2005/12/30 07:56

deutsch wurde in dem zusammenhang aufgrund der staatsbürgerschaft von fr. osthoff gewählt.
sheep (Gast) - 2005/12/30 11:22

Aaah, ok das kann ich dann schon nachvollziehen.
Jetzt gibts ja ganz wilde Theorien, dass die in Terroristenkreisen tätig ist.
wohlstandskind - 2005/12/30 11:42

wirkt teilweise wie mediale diskreditierung deluxe. ich find es interessant, wie gekonnt verschwiegen wird, dass ihr zdf-interview bösartigst zerschnitten wurde...
chrismuh - 2005/12/30 15:03

weils mir grad eingfalln ist:

frage;herr w., ist es nicht so, dass man einsätze von rettung und polizei bezahlen muss, wenn man die notsituation provoziert hat?

dh wenn man sich schwerstens betrinkt auf eine parkbank legt und auf einmal cops & rettung dastehen weil einer geglaubt hat man ist tot - dann kriegt ma ja normalerweise nachher den erlagschein mit einem kostenersatz für den einsatz zugeschickt?

oder irre ich da?
wohlstandskind - 2005/12/30 16:00

beim parkbank-szenario nicht, aber wenn ein einsatz gefordert wird, der so nicht notwendig ist, wird man zur kasse gebeten. (sprich: wenn jemand die rettung auf verdacht ruft, weils wem nicht gut geht, muss niemand zahlen - der eine wollt nur helfen, der andere hatte keine ahnung). magenauspumpen aufgrund von alkohol-übergenuss ist aber zb selten gratis.

die genauen richtlinien kenn ich nicht - hängt auch von der krankenkassa ab (der rettung ists im normal-fall egal, wer zahlt). polizei ist da glaub ich schon happiger (siehe unfall ohne personenschaden - polizeiliche erfassung vor ort kostete damals 500 schilling).

Trackback URL:
https://wohlstandskind.twoday.net/stories/1333292/modTrackback

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

i've cooked up a soup
http://wsker.soup.io
wohlstandskind - 2008/09/02 18:24
i guess the lost-balls-comment...
i guess the lost-balls-comment (that they'll get from...
wohlstandskind - 2008/08/25 16:40
slipknot
i definetly like the new album (not just because i...
chrisy (Gast) - 2008/08/25 10:10
*chucklechuckle*
oh two .. i skipped that ;) I know ... this is how...
tschyssl (Gast) - 2008/07/08 12:04
well, one found and assigned...
well, one found and assigned correctly, but one left,...
wohlstandskind - 2008/07/07 12:31

Suche

 

Status

Online seit 7267 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 2008/09/02 18:24

Archiv

Dezember 2005
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 3 
 7 
10
13
17
20
21
25
26
29
30
31
 
 

Credits


advent
die offenen briefe
ein sommer nur für mich
music
reviews
the daily grind
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren